imsimity GmbH
St. Georgen i.S. & Ernst
Reuter Schule
Karlsruhe

 

SCHULEWIRTSCHAFT-Preisträger 2021 – imsimity GmbH St. Georgen i.S. & Ernst-Reuter Schule Karlsruhe

Heute wird eine weitere Kooperation zur digitalen Bildung vorgestellt. Wir haben Micha Pallesche, Rektor der Ernst-Reuter-Gemeinschaftsschule in Karlsruhe, sowie Barbara und Martin Zimmermann von der imsimity GmbH St. Georgen i.S. gefragt, wie diese konkret aussieht.

SW: Ihr Unternehmen ist auf Soft- und Hardwarelösungen für Extended Reality in Verbindung mit Künstlicher Intelligenz spezialisiert. Sie setzen digital ergänzende Lern- und Trainingsumgebungen um. Eine Frage vorweg: Wären solche Lernumgebungen in der Virtual Reality nicht auch etwas für die Schule?

Zimmermann: Das ist eigentlich keine Frage mehr, sondern eine mehrfach erforschte Gegebenheit. VR-Lernumgebungen sind die digital ergänzten Lernorte von morgen. Mehrwert und Ziele ergeben sich aus den Stärken der Technologie: Immersion und Interaktion in Echtzeit in der „digitalen Parallelwelt“ – dem Metaversum der Bildung, wie wir es nennen. Wir erschaffen virtuelle Räume, um beim Lehren und Lernen die 21st Century Skills, also die notwendigen Visions- und Zukunftskompetenzen, zu vermitteln. Die Menschen, die in VR kommunizieren, interagieren und kollaborieren, sind in der Lage, medienkompetent die Lernwelt mitzugestalten. Somit kann eine von Partizipation geprägte neue Schulkultur entstehen und die deutsche Schulbildung wäre am Puls der Digitalität, die die Lernenden im privaten Bereich bereits teilweise bereits als Normalität erleben. Wir möchten, dass Schule mit all ihren Stakeholdern auf Augenhöhe mediensinngebend kommunizieren und agieren kann.

SW: Sie sind die erste Smart School in Baden-Württemberg – was bedeutet das?

Pallesche: Zunächst einmal ist das Smart School Label eine Auszeichnung der Bitkom, die Schulen verliehen wird, die besonders stark im Bereich der digitalen Bildung aufgestellt sind. Für mich bedeutet es jedoch viel mehr als es vielleicht der eigentliche Begriff vermuten lässt. Natürlich gibt es an unserer Schule jede Menge Technik. Viel relevanter ist jedoch, dass sich bei uns Lehr- und Lernprozesse grundlegend verändert haben, Zeit- und Raumstrukturen aufgelöst wurden und die Kinder und Jugendlichen mit den Praktiken der Kultur der Digitalität lernen und arbeiten.
„Smart“ beschreibt also in diesem Sinne eine Schule, welche die Zeichen der Zeit erkennt und die Schülerinnen und Schüler zukunftsorientiert auf die Welt vorbereitet, die nach der Schulzeit auf sie wartet.

SW: Im „digiredsaloon“, dem digitalen roten Salon in 3D, finden regelmäßig Workshops, Nachhilfestunden oder Hausaufgabenbetreuung statt – ein CoWorking-Space für Schüler*innen

Zimmermann: Nicht nur für Schüler*innen. Unser Anspruch ist allen Lehrenden und Lernenden sowie deren Bezugsgruppen einen virtuellen Kreativ- und Kollaborationsraum, dem analogen Co-Working Space Konzept nachempfunden, zur Verfügung zu stellen. Diese Online-Plattform ist crossmedial, jederzeit ortsunabhängig zugänglich – das heißt mittels allen gängigen Geräten – mit Smartphone, Tablet, Laptop genauso wie mit PC oder, eben im besten Falle, mit einer VR-Datenbrille, einem s.g. Head Mounted Display, wie beispielsweise einer Vive oder Quest. Es ist ein Freiraum für besondere digitale (Lern)Erfahrungen, in dem alles stattfinden kann: Einander kennenlernen, gemeinsam Ideen generieren, agil zusammenarbeiten, präsentieren, dokumentieren oder sich einfach nur zu Themen austauschen – quasi als „WhatsApp mit Avataren“ #socialVR nutzen und (er)leben. Dies ist eine ideale Ergänzung zu den von der ERS aufgebauten „Lerninseln“ in Karlsruhe, die reale außerschulische Lernorte darstellen, in denen z.B. zu Pandemiezeiten auch sozial schwächer gestellte Gesellschaftsschichten auf leistungsfähige digitale Technologien zugreifen können.

SW: Geplant sind außerdem Design-Thinking-Workshops zur Schulentwicklung, und zwar gemeinsam mit Menschen aus allen Bezugsgruppen der Schule. Wer wird dort mitmachen können?

Pallesche: An den Design-Thinking-Workshops können zunächst einmal alle Menschen aus der Schulgemeinschaft und den jeweiligen Gremien (Lehrer*innen, Schüler*innen und Eltern) mitmachen. Dazu laden wir aber auch unsere außerschulischen Kooperationspartner und die Bürgerinnen und Bürger aus dem Quartier ein. Es ist ja schließlich nicht (nur) unsere Schule, sondern auch die Schule der Menschen im Quartier und die Schule der Menschen, die unserer Schule durch ihren aktiven Einsatz bereichern und mitgestalten.

SW: Ihre Herangehensweise an die Gestaltung der VR-Lernumgebung ist ziemlich einzigartig: Sie geben SuS zwischen 13 und 18 Jahren einen Consulting-Vertrag und die beraten Sie dann, wie sie sich eine ideale VR-Lernumgebung vorstellen. Welche hilfreichen Impulse erhalten Sie dadurch?

Zimmermann: Wir sind immer wieder aufs Neue begeistert von den Ansichten und Ansätzen, die die Schüler*innen mit einbringen. Sei es das aktuelle Must Have im VR Gaming, das angesagteste Spiel im E-Sport Bereich oder der nerdigste Tipp für Hacker*innen. Zum Beispiel veranstalten wir nach einer Idee von Tim, unserem diesjährigen Berater eines kooperierenden Gymnasiums, demnächst regelmäßige Beat Saber Turniere für Interessierte aus Schulen. Wir gestalten einmal pro Monat Sonntag abends eine „Zukunftsstunde“, wo unsere Schülerberater ihren Eltern und Geschwistern die aktuellen VR / AR Lerntechnologien erläutern. Medienkompetenzvermittlung als Win-Win Situation 🙂 Auch möchten wir unser dazu passendes „CYBERwalzer – Bildungsinnovationsträger on Tour“ Projekt wieder aufnehmen und verstetigen. Hier „entsenden“ wir kleine Teams von Schulabsolvent*innen in die Welt, um die neuesten VR-Lerntechnologien zu erläutern und relevanten, noch „un-/ wenig wissenden“ Institutionen nahezubringen.

SW: Glauben Sie, die SuS werden den „digiredsaloon“ auch dann noch nutzen, wenn alle Corona-Beschränkungen aufgehoben sein werden?

Pallesche: Wir werden den „digiredsaloon“ definitiv auch nach Aufhebung der Corona-Beschränkungen nutzen. Nicht nur im unterrichtlichen Kontext, sondern auch als „co-working-Space“, der von der Schulgemeinschaft, aber auch den Kooperationspartnern genutzt werden kann. Zudem ist geplant, dass der „digiredsaloon“ zeitgleich zum analogen Roten Salon geöffnet sein soll. Somit können nicht nur die Akteurinnen und Akteure vor Ort unsere Schule weiterentwickeln, sondern auch die Menschen außerhalb der Schule, die sich weltweit zuschalten können, um ihre Perspektive einer Schule der Zukunft in den Entwicklungsprozess einfließen lassen zu können.